ProzessStandard Offsetdruck in Theorie und Praxis

Eine Zusammenstellung von Fakten und deren Bewertung, verfasst von Franz Schmerbeck. Sie können sich diesen Artikel auch als PDF-Datei hier downloaden.

1. Die Ausgangssituation in der Druckbranche

1.1. „Erzwungene” Arbeitsteilung

Die Produktion in der Druckindustrie erfolgt heutzutage in der Mehrzahl aller Fälle in einer innerbetrieblichen oder gar betriebsübergreifenden Arbeitsteilung. Die Ursache hierfür liegt sowohl am harten marktwirtschaftlichen und technologischen Wettbewerb, an den sinkenden Erlösen für Druckprodukte aber auch an den Kunden selbst, weil sie bewusst nach der Unabhängigkeit von ihren Lieferanten streben. Die Folge für Druckereien sind: sinkende Margen und leichtere Austauschbarkeit durch den Kunden. Deshalb spezialisieren sich die Betroffenen auf bestimmte Nischen und beenden ihre Tätigkeit in unwirtschaftlichen Bereichen. Allerdings entziehen sich aber die vor- und nachgelagerten Prozessschritte immer mehr dem Einfluss des Verantwortlichen für das Ganze. Das gilt insbesondere dann, wenn der Kunde selbst die Datenerzeugung übernehmen oder die Arbeit zwischen den unterschiedlichen Prozessstufen koordinieren möchte.

1.2. Produktion mit „offenen Systemen”

Auch die Druckindustrie arbeitet in der Regel mit sogenannten „offenen Systemen”, wobei Hard- und Software nahezu frei konfigurierbar sind. Dies erschwert das sichere Produzieren, weil die für den Druck aufzubereitenden Sujets eine Vielzahl von Bearbeitungsschritten und Konvertierungen durchlaufen müssen, die jeweils Veränderungen an den für die Farbcharakteristik relevanten Bildinformationen hervorrufen können. Nicht nur die zur Produktion verwendeten Maschinen und Geräte sondern auch die eingesetzten Materialien wie Prüfdruckertinten, Druckplatten, Druckfarben und Bedruckstoffe sind sehr zahlreich. Deren drucktechnische Eigenschaften kennen allerdings nur die jeweiligen Spezialisten der Druckereien, selten aber die meisten „Datenerzeuger”, also Mitarbeiter von Vorstufenbetrieben, Designer oder Laien. Die Fähigkeit, einen PC mehr oder weniger gut bedienen zu können, reicht für eine anspruchsvolle Druckproduktion in höchster Qualität nicht aus.

1.3. Produktionsschwankungen und Abweichungen von Vorgaben

Viele Auftraggeber setzen farbsicheres Arbeiten in der Druckproduktion als selbstverständlich voraus. Die Kunden erwarten, dass das Ergebnis einer farbigen Druckauflage im Vorfeld korrekt visualisiert und gezielt beeinflusst werden kann. In der Regel ist es aber kaum möglich, die entsprechenden Vorgaben exakt einzuhalten. Druckproduktionen laufen unter hohem Zeitdruck ab und sind überwiegend Einzelanfertigungen, die möglichst rationell und industriell bearbeitet werden müssen. Wie in allen industriellen Fertigungsprozessen treten hierbei Abweichungen oder Schwankungen um einen Vorgabewert auf, die technisch unvermeidbar sind. Sie ergeben sich zwangsläufig durch die Güte der eingesetzten Maschinen und Geräte sowie die Beschaffenheit der verwendeten Materialien. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ausgangsdaten oftmals vom Kunden stammen, mit denen allerdings nicht immer die entsprechenden Wünsche und Ansprüche realisierbar sind. Natürlich ist es grundsätzlich denkbar, die Abweichungen und Schwankungen beispielsweise durch die genaue Abstimmung des Prozesses auf eine bestimmte Papiersorte, Druckfarbe, Druckmaschine oder ein bestimmtes Messgerät weiter zu reduzieren. Eine solche Vorgehensweise, auftragsindividuelle Lösungen zu finden, wäre praxisfern, weil sie den Grundsätzen der industriellen Fertigung widerspricht. Außerdem entstünden hierbei hohe Kosten, die durch die erzielbaren Verkaufserlöse gar nicht gedeckt werden könnten.

2. Allgemeiner Lösungsansatz

2.1. Definierte Schnittstellen als Voraussetzung für das Funktionieren einer arbeitsteiligen Produktion

Um die Vielfalt der zuvor aufgeführten Einflussfaktoren einer arbeitsteiligen Druckproduktion beherrschen zu können, bedarf es einer Fülle von Schnittstellen-Definitionen: Geht ein Zwischenprodukt von einer Prozessstufe an eine andere über, soll sichergestellt sein, dass das Endprodukt mit der gewünschten Farbqualität produzierbar ist. Die Einhaltung der Vorgaben hat immer derjenige zu verantworten, der die entsprechenden Arbeiten durchführt und das Ergebnis an die nachfolgende Prozessstufe liefert. Eine Eingangskontrolle (z. B. eine Datenprüfung) im nächsten Prozessschritt ist nur dann zwingend erforderlich, wenn die Vorgaben nicht eingehalten wurden. Im Handbuch „ProzessStandard Offsetdruck” sind die Schnittstellen mittels Sollwerte definiert; sie dienen als Richtschnur für die tägliche Arbeit eines Druckbetriebes.

2.2. Weitere Lösungsansätze für die Druckbranche

Weitere etablierte Standards, die für eine entsprechende Produktionssicherheit in der Druckindustrie sorgen, sind insbesondere das Datenformat „PDF/X-3” (in Kürze PDF/X-4) für den Datenaustausch sowie der „MedienStandard Druck” für die Handhabung von Farben im Workflow. Sind in der Produktion gültige und nachvollziehbare Standards zur Anwendung gekommen, können Fehlerquellen minimiert werden.

3. Konkreter Lösungsansatz: ProzessStandard Offsetdruck

Der ProzessStandard Offsetdruck soll keine Einzelfallregelungen für alle nur vorstellbaren Kombinationen von Einsatzfaktoren anbieten. Vielmehr soll eine möglichst überschaubare Zahl branchenweit anwendbarer Schnittstellen eine effiziente Produktion (vertretbare Qualität zu vertretbaren Kosten) gewährleisten. Ebenso strebt das Standardisierungskonzept nicht nach einer Vereinheitlichung der eingesetzten Geräte und Materialien. Stattdessen steht immer das anzustrebende Farbergebnis der Druckauflage im Fokus. Dabei sollen sogar ganz bewusst Materialien mit verschiedensten Eigenschaften zum Einsatz kommen können. Nur so können die strengen Vorgaben bei den vielen, betriebsindividuellen Gegebenheiten eingehalten werden, weil auch die notwendigen Betriebsmittel (Farben, Gummitücher, Hilfsmittel, Wasser, Zusätze etc.) optimal ausgewählt und kombiniert werden können.

3.1. PSO – ein genau definierter Herstellungsprozess

Der Vorläufer des ProzessStandard Offsetdruck (PSO) war das „Handbuch zur Standardisierung des Offsetdruckverfahrens”, welches bereits zu Beginn der 80er-Jahre entstand. Diese Anleitung wurde ständig modifiziert und optimiert, bis sie im Jahr 2001 durch umfangreiche Ausführungen und Ergänzungen im Bereich der digitalen Druckvorstufe sowie deren Prüf- und Messmethoden (ISO-Normen für Druckfarben, Spektrale Farbmessung, densitometrische und farbmetrische Messungen, Standardbeleuchtung, optische Dichte, Monitore, Scanner-Testchart, Ausgabe-Testchart, Druckplattenbelichtung, Digital-Proof) wesentlich erweitert wurde. So entstand aus der Zusammenarbeit der Verbände der Druck- & Medienindustrie Deutschlands mit den grafischen Forschungsinstituten Fogra (München) und Ugra (St. Gallen) die allgemein und international gültige „Drucknorm” schlechthin: die ISO 12647-2 (ProzessStandard Offsetdruck).

3.2. Die Bedeutung des PSO: ISO 12647-2

Das Zertifikat des ProzessStandard Offsetdruck garantiert und dokumentiert die industriell optimierte Drucksachenherstellung mit den im jeweiligen Betrieb vorhandenen Produktionsmitteln. Diese „moderne Philosophie der Druckproduktion” umfasst und definiert den kompletten Produktionsablauf von der Vorlagendatei bis zum fertigen Druckprodukt und bildet eine sichere Grundlage für einen verlässlichen und jederzeit zu gleichen Bedingungen wiederholbaren Herstellungsprozess. Die Sollwerte des PSO und die sehr eng begrenzten Toleranzen repräsentieren das aktuell jeweils Sinnvolle und Machbare des Produktionsprozesses in der Druckindustrie.

Der ProzessStandard Offsetdruck enthält neben theoretischen Methoden auch ganz konkrete Arbeitsanweisungen, die Schritt für Schritt nachvollzogen werden müssen. Durch die Kontrolle der laufenden Produktion und der Vergleich mit den definierten Sollwerten wird eine kontinuierliche Qualitätssicherung gewährleistet und dokumentiert. So wird Qualität messbar, nachweisbar und beweisbar!

Die Einhaltung dieser standardisierten Schnittstellen ist umso wichtiger, je arbeitsteiliger der Produktionsprozess verläuft. So können verschiedene Betriebe an verschiedensten Orten Arbeiten ausführen (Fotografieren, Layoutgestaltung, Mediendatenbanken, Druckproduktion, Webgestaltung u.v.m.), die letztlich zu einem Druckprodukt führen. Zielsetzung ist, diesen arbeitsteiligen Produktionsprozess so effizient wie möglich zu gestalten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass Zwischen- und Endergebnisse nicht nur kompatibel sondern auch eine vorhersehbare Farbqualität aufweisen.

Der ProzessStandard Offsetdruck wird auch künftig weiterentwickelt. Hierbei werden neue Maschinengenerationen, -entwicklungen oder veränderte Produktionsabläufe berücksichtigt. Auch für die Drucktechnologien Tiefdruck (PSRotogravure) und Zeitungsdruck (PSNewspaper) gibt es Normensammlungen; die für Siebdruck und Flexodruck sind in Entwicklung.

Der PSO ist für die Produktion von Drucksachen im Offsetdruck gedacht. Die Größe des Produktionsbetriebes spielt keine Rolle. Auch in kleineren und mittleren Betrieben sind Einhaltung der Qualität, Rationalisierung der Arbeitsabläufe und Qualitätskonstanz in der Produktion wichtiger denn je. Der PSO ermöglicht den Druckereien, der Vergleichbarkeit und der Kostenschraube zu entkommen und gleichzeitig den Kunden einen nachweisbaren Mehrwert zu bieten. Aber auch Vorstufenunternehmen und Agenturen können ihre Daten so aufbereiten, dass sich diese im Rahmen der Vorgaben des PSO bewegen und somit zur Ablaufoptimierung, Fehlervermeidung und Qualitätskonstanz beitragen.

Nach der bestandenem Prüfung erhält das Unternehmen eine Urkunde und das Recht, ein entsprechendes Logo in Geschäftsdrucksachen und Werbung zu verwenden. Das Zertifikat hat eine Gültigkeit von zwei Jahren, nach einem Jahr erfolgt eine Zwischenprüfung.

3.3. Was ist PSO nicht?

ProzessStandard Offsetdruck ist kein Datenformat, das sich einfach anwählen lässt; keine Software, die man installieren kann; nicht der kleinste gemeinsame Qualitätsnenner, der mit dem vorhandenen Maschinenpark erreichbar ist; keine Beschränkung der im Betrieb erreichbaren Qualität; kein Workflow-System, das einem die Arbeit abnimmt; keine Modeerscheinung, die einen Betrieb auf einer „In”-Liste erscheinen lässt.

Die Zertifizierung nach ISO 12647-2 (ProzessStandard Offsetdruck)

4.1 Der Ablauf einer PSO-Prüfung

Die Druckerei muss den ProzessStandard Offsetdruck in einem recht umfangreichen Prüfverfahren nachweisen. Die Prüfung umfasst folgende Kriterien:

  • Übernahme unbekannter Daten, deren Datencheck und das richtige Datenhandling;
  • Scannen von Vorlagen und das Fotografieren mittels Digitalkamera;
  • Anpassen von Bilddaten an unterschiedlichste Papiertypen;
  • Überprüfung des Colormanagement und der korrekte Einsatz von ICC-Profilen;
  • Anfertigen von Proofs, Prüfung mittels Ugra/Fogra-Medienkeils auf Farbverbindlichkeit;
  • Herstellung von Druckplatten mit dem Nachweis, dass die Druckformherstellung mit geeigneten Kontrollmitteln visuell und messtechnisch konstant gehalten wird;
  • Andruck einer Abnahme-Testform auf einer betriebseigenen Druckmaschine, wobei diese nach den Vorgaben des PSO auf die gewählten Papierklassen eingestellt sein muss;
  • Auflagendruck der Testform analog eines echten Druckauftrages, wobei stichprobenartig eine farbmetrisch exakte Bewertung der Abweichung von den Sollwerten des PSO erfolgt.

Der zuständige Zertifizierungsbeauftragte ist bei der Prüfung persönlich anwesend. Er kontrolliert und beurteilt neben den vorgegebenen ISO-Werten auch den gesamten Arbeitsablauf. Die korrekte Handhabung mit ICC-Profilen hat einen zentralen Stellenwert. Mit spezieller Messtechnik wird ermittelt, ob die Prüfungsarbeiten die vorgegebenen Werte und engen Toleranzen einhalten. Das abschließende Urteil fällen Experten der Forschungsgesellschaft Druck (Fogra) und des zuständigen Landesverbands im Bundesverband Druck & Medien unter Laborbedingungen. Nur wenn beide Institutionen unabhängig voneinander zu den gleichen positiven Ergebnissen kommen, wird das Zertifikat verliehen. Ähnlich wie die TÜV-Plakette am Auto gilt das Zertifikat des PSO nur für zwei Jahre. Danach muss erneut eine Prüfung erfolgen. So wird sichergestellt, dass in einer zertifizierten Druckerei die Produktion kontinuierlich verbessert und das hohe Qualitätsniveau des ProzessStandard Offsetdruck gehalten wird.

4.2 Qualifizierte Mitarbeiter als Grundvoraussetzung

Die Einführung des ProzessStandard Offsetdruck verursacht zunächst Kosten. So müssen Kontrollmittel oder Messgeräte angeschafft und betriebliche Abläufe angepasst werden. Erfahrungsgemäß wird der Aufwand unterschätzt, der für die Schulung der Mitarbeiter erforderlich ist. Für die standardisierten Prozessabläufe müssen alle Mitarbeiter die ihnen anvertrauten Hard- und Software hervorragend beherrschen, was ein hohes Maß an Methodenkompetenz voraussetzt. Dieser Schulungsaufwand amortisiert sich aber nicht nur aufgrund des ProzessStandard Offsetdruck. Die durch die Schulung für den PSO gesteigerte Motivation der Mitarbeiter zu selbstständiger Arbeit, verbunden mit einer ganzheitlichen Sicht auf die im Unternehmen ablaufenden Prozesse (abteilungsübergreifendes Denken) erschließen vielfach ganz neue Potenziale für die Weiterentwicklung des Unternehmens und damit auch für die Mitarbeiter, was neue Chancen für ein berufliches Weiterkommen eröffnet. In folgenden Bereichen müssen die Mitarbeiter stets auf aktuellem Stand von Wissen und Technik sein:

  • Einstellungen der Anwendungsprogramme (Adobe CreativeSuite, Quark XPress, Adobe Acrobat);
  • Einsatz und Umgang mit ICC-Farbprofilen;
  • Einhaltung der Datenkonsistenz;
  • Einhaltung grundlegender Parameter (wie Auflösung, Farbigkeit);
  • Eingangskontrolle von Daten und gelieferten Digitalproofs;
  • Problemlösungen bei Annahme von Kundendaten;
  • Farbkalibrierung von Monitoren und Digitalproofs;
  • CMYK-Scans, Softproof, Digitalproof mit Standard-Druckprofil;
  • Kontrolle und Feinabstimmung des Digitalproofs;
  • Datenhandling und Datenmanagement;
  • Kenntnisse der Datenformate/Schriftenhandling;
  • Erzeugung von PDF/X-3 konformen Files;
  • Standardisierung der Druckformerstellung;
  • Standardisierung des Offsetdrucks;
  • Kenntnisse der Farbmessung;
  • Implementierung eines betriebsinternen Workflow nach PSO bzw. ISO 12647.

4.3. Vorteile einer Zertifizierung nach ProzessStandard Offsetdruck

Die konsequente Anwendung des ProzessStandard Offsetdruck bietet allen, die an der Herstellung von Druckprodukten beteiligt sind, eine Fülle von Vorteilen. Eine Standardisierung nach PSO steigert die Effizienz des Herstellungsprozesses deutlich. Diese hohen Potentiale werden aber nur dann ausgeschöpft, wenn alle Beteiligten an der gesamten Herstellungskette (Kunden, Vorstufe, Druck) sich an die standardisierte Arbeitsweise halten. Es folgt ein kurzer Überblick über die Vorteile eine Zertifizierung; möglicherweise wurden manche in den obigen Abschnitten bereits genannt:

4.3.1. Vorteile für das zertifizierte Unternehmen

  • Die Zertifizierung ermöglicht jederzeit einen messtechnisch nachvollzieh- und dokumentierbaren Qualitätsstandard in der gesamten Produktionskette eines Druckbetriebes.
  • Drucksachen, die unter Einhaltung des ProzessStandard Offsetdruck hergestellt wurden, garantieren sowohl dem Betrieb als auch dessen Kunden einen exakt definierten Qualitätsstandard und ein hohes Maß an Produktionssicherheit, auch weil die einzelnen Arbeitsprozesse reibungsloser ablaufen.
  • Die Druckvorstufe erhält durch entsprechende Prüfmöglichkeiten exakte Hinweise auf fehlerhafte oder qualitativ unzureichende Daten, worüber der Kunde gezielt informiert werden kann.
  • Der Proof ist mittels ICC-Profilen genau auf den Auflagendruck abstimmbar. Der Disput über eventuell mangelhafte oder abweichende Qualität kann sofort mittels der Kontrollmessungen entschieden werden.
  • Das Arbeiten mit einer qualifizierten und zertifizierten Produktionskette ist ein exzellentes Marketing-Argument.
  • Es existieren mit PSO deutlich weniger Fehlerquellen, was auch die Anzahl an Reklamationsfällen senkt.
  • Letztendlich werden eingesetzte Materialmenge und Produktionszeiten optimiert, was auch die Kosten senkt.
  • Eine gesteigerte Kundenzufriedenheit beim zertifizierten Betrieb bewirkt eine noch höhere Kundenbindung.

4.3.2. Vorteile in der Technik

Halten alle Mitarbeiter die „Spielregeln” des PSO ein, sorgt dies für eine reibungslosere Arbeitsabwicklung: Die eindeutigen Vorgaben durch genau definierte, technische Schnittstellen verbessern die Zusammenarbeit und Kommunikation aller am Produktionsprozess von Drucksachen beteiligten Partner. Dies hilft, Fehler zu vermeiden. Weniger Fehler bedeutet geringere Korrekturzeiten, geringeren Aufwand und somit weniger Störungen im gesamten Produktionsverlauf. Zwar müssen die Druckdaten PSO-konform aufbereitet werden, die Verlässlichkeit beim Auflagendruck gleicht diesen Mehraufwand aus. Die Ergebnisse sind wiederholbar und die Qualität ist festgelegt; undefinierte „Schuldzuweisungen” bei Fehlern können nicht auftretenden.

  • Allgemein gültige Basiseinstellungen der Anwendungsprogramme in der Druckvorstufe;
  • Die Grund- und Produktionseinstellungen eingesetzten Ausgabegeräte und Druckmaschinen sind auf Qualität optimiert;
  • Engere Fertigungstoleranzen durch gezielte Fertigung auf das gewünschte Farbergebnis hin; Verkürzte Abstimmzeiten im Druck; Druckabnahmen durch den Kunden sind verzichtbar bzw. weniger zeitaufwändig,;
  • Klare Verantwortlichkeiten im Prozess, dadurch Erleichterung der Fehleranalyse und Absicherung gegen ungerechtfertigte Reklamationen;
  • Transparente Prozesse, dadurch Möglichkeit zur Prozessautomatisierung und -vernetzung (z. B. Job-Tracking);
  • Überflüssige und ziellose Farbkorrekturen in der Vorstufe werden vermieden;
  • Vermeidung unnötigen Materialverbrauchs;
  • Problemloseres Drucken von Sammelformen;
  • Weniger unproduktive Zeiten aufgrund von Prozessstörungen (z. B. durch Fehlbebilderung von Druckplatten und dadurch verursachte Wartezeiten an der Druckmaschine).

4.3.3. Vorteile für den Kunden

  • Dank des ProzessStandard Offsetdruck können Kunden bei ihren Druckprodukten jederzeit vergleichbare Ergebnisse im Akzidenzdruck erwarten.
  • Es ist sichergestellt, dass zertifizierte Produktionspartner in der Lage sind, eine gleichbleibende Qualität mit übereinstimmenden Farben zu produzieren, egal ob in München, Frankfurt, Hamburg oder Bad Säckingen.
  • Die Gewährleistung geringstmöglicher Toleranzen ist dann sehr wichtig, wenn Industrie, Agenturen, Verlage und Endkunden sehr viel Wert auf übergreifende, konstante und wiederholbare Qualität legen. Nur so ist der einheitliche und wieder erkennbare Auftritt einer Kundenmarke sicher gestellt.
  • Der Kunde kann sogar selbst einen Beitrag zur Fehlervermeidung der Aufträge beitragen, indem er sich in den Workflow nach den strengen ISO-Qualitätskriterien einbinden lässt.
  • Problemlosere Zusammenarbeit zwischen Kunden, Agenturen, Druckvorstufen- und Druckbetrieben;
  • Geringerer, auftragsbezogener Kommunikationsaufwand durch klare, branchenweit gültige Vorgaben;
  • Gute Farbübereinstimmung bei Druckproduktion an unterschiedlichen Orten bzw. bei Folgeaufträgen;
  • Erhöhte Qualität des Druckproduktes.

Einführung des PSO in der Druckerei Schmerbeck

5.1. Vorbereitungen

Franz Schmerbeck hatte schon längere Zeit den ProzessStandard Offsetdruck im Visier. Aber für einen kleineren Familienbetrieb ist eine derartige Arbeitsweise „ad hoc” nicht einzuführen. So wurde bereits 2004 der Grundstein in der Druckvorstufe durch die Anschaffung eines hochwertigen CtP-Plattenbelichter mit höchstpräziser Lasertechnologie gelegt, der eine zuverlässige und stabile Produktion auch im fotorealistischen Offsetdruck gewährleistet. Hinzu kamen leistungsfähige Messgeräte, neueste Rechner sowie kalibrierbare Monitore für die Arbeitsplätze. Die betriebseigene Druckmaschine wurde auf „Herz und Nieren” geprüft und verschiedenste Abläufe optimiert. Als Ergebnis wurde ermittelt, dass die vorhandene Maschine im fotorealistischen Druck keine Qualitätseinbußen gegenüber einer neuen hat. Somit waren alle betriebseigenen Produktionsmittel optimal justiert, und die Mitarbeiter hatten die jeweiligen Technologien bereits seit Jahren „im Griff”. Also begann das Team im Oktober 2007, die Produktionsabläufe auf die Vorgaben des ProzessStandard Offsetdruck auszurichten. Unterstützt und betreut wurde das Unternehmen hierbei von Fachleuten der verbandseigenen Schulungseinrichtung aus Stuttgart.

5.2. Der ProzessStandard Offsetdruck beginnt in der Vorstufe

In den 80er- und 90er Jahren haben insbesondere größere Druckereien ihre Druckvorstufe ausgelagert bzw. sogar ganz abgeschafft. Sie wollten die Vielschichtigkeit, die Schwierigkeiten und daraus folgende Unkalkulierbarkeit der DTP-Daten aus ihren zunehmend industriell strukturierten Druckbetrieben fernhalten. Daher beschränkten viele ihre Vorstufe auf Entgegennahme der Einzel- bzw. Ganzseitenfilme von Satz- und Belichtungsstudios und deren Montage am Leuchttisch. Als sich aber Ende der 90er-Jahre die CtP-Technologie (Computer-to-Plate) durchsetzte, bei der die Druckdaten direkt auf die Aluminiumdruckplatte bebildert wird, war viel Know-How im Umgang mit Daten Voraussetzung. Daher waren viele Betriebe gezwungen, sich das jahrelang vernachlässigte Datenmanagement schnellstens wieder anzueignen. Leider fällt es heute immer noch vielen Druckbetrieben mangels Erfahrung schwer, den anfallenden Aufwand in der Druckvorstufe kostengerecht zu kalkulieren. Der Computer hat sich mittlerweile derart in Büros und zu Hause verbreitet, dass nun eigentlich jeder ohne fachliche Kenntnisse mit verschiedensten Programmen (Profi-, Office-, Hobby-Software), Druckdaten erzeugen kann, die dann in Druckereien gedruckt werden sollen. Dieser „wildwüchsige Datensalat” ist ein weiterer Grund, warum der ProzessStandard Offsetdruck ohne die Druckvorstufe nahezu sinnlos ist.

Einer der wichtigsten Punkte des PSO basiert in der Druckvorstufe: Das durchgängige Farbmanagement! Zielvorgabe hierbei ist, dass Zwischen- und Endergebnisse der Druckproduktion stets eine vorhersehbare Farbqualität aufweisen. Mittels durchgehendem Color-Management können Kunden und Druckereimitarbeiter bereits am Proof erkennen, wie die Farben im späteren Auflagendruck aussehen werden. In diesem frühen Stadium lassen sich erforderliche Korrekturen relativ einfach und ohne größeren Aufwand ausführen und negative Überraschungen im Auflagendruck vermeiden. Auch die internen Abläufe der Druckerei profitieren von den klaren Vorgaben. Wichtigste Kriterien sind hierbei Farbwerte, Farborte, Tonwertzunahme, Tonwertspreizung und Graubalance.

Glücklicherweise ist in der Druckerei Schmerbeck die Druckvorstufe schon seit Gründung immer im Haus gewesen und den Mitarbeitern ist der Umgang mit der entsprechenden Technik wohlbekannt.

5.3. ProzessStandard Offsetdruck im Druckbereich

Für den ProzessStandard Offsetdruck müssen alle eingesetzten Druckmaschinen in den individuellen Workflow eingebunden und auf die jeweiligen Bedruckstoffe optimiert werden. Dazu mussten in der Druckerei Schmerbeck verschiedene Papiersorten eingemessen und aus den resultierenden Kennlinien die passenden Maschineneinstellungen ermittelt werden. Insbesondere für Natur- und Bilderdruckpapiere wurden zahlreiche Tests durchgeführt, um nicht nur im vorgeschriebenen 70er-Raster stabile und wiederholbare Ergebnisse zu erhalten sondern auch bei den extrem hohen Auflösungen des von Schmerbeck angestrebten fotorealistischen Offsetdrucks (vergleichbar mit 100er bis 135er-Raster). Schon im „einfachen” 70er-Raster wurde ersichtlich, wie sensibel das aus Papiersorte, Papiercharge, Farbe, Druckhilfsmittel, Druckmaschine und Mitarbeiter bestehende „Gesamtpaket” aufeinander abgestimmt sein muss, um die Kriterien des Zertifikats erreichen zu können. Um wie viel diffiziler der Aufwand für den fotorealistischen Druck tatsächlich ist, können nur Fachleute abschätzen. Aber die Belegschaft der Druckerei Schmerbeck hat dies geschafft. Somit ist die Druckerei Schmerbeck einer von insgesamt nur zwei Druckbetrieben im Bundesgebiet, die die Zertifizierung mit der fotorealistischen Rastertechnologie Sublima240 durchführen konnten.

Randbemerkung: Die recht weitverbreiteten, frequenzmodulierten Rastertechnologien, welche ebenfalls den fotorealistischen Offsetdruck ermöglichen, sind für eine PSO-Zertifizierung derzeit nicht zugelassen, weil die Kriterien Wiederholbarkeit und Stabilität noch nicht erfüllt werden.

Alle Druckmaschinen und die dazugehörenden Komponenten sind bei Schmerbeck nun so abgestimmt, dass identische Voraussetzungen für alle Rasterauflösungen vorliegen. Davon profitieren die Kunden von Schmerbeck, weil die Druckergebnisse reproduzierbar sind, egal auf welcher Maschine und mit welcher Auflösung der Erstauftrag gedruckt wurde oder der Folgeauftrag produziert werden soll. Dies erleichtert und beschleunigt die Planung und erhöht die Produktionssicherheit sehr.

5.4. Fazit der Druckerei Schmerbeck

Die Druckerei Schmerbeck aus Bad Säckingen hat den ProzessStandard Offsetdruck nicht angestrebt, um lediglich die begehrte Zertifikatsurkunde an die Wand hängen zu können. Vielmehr wurden die Gewohnheiten und Abläufe in der gesamten Produktion geändert, um in Summe eine höhere und einheitliche Qualität zu sichern. Der ProzessStandard Offsetdruck liefert nicht nur Vorgaben, sondern ermöglicht auch eine durchgängige, einfache und transparente Qualitätskontrolle. Das bringt den Kunden ein verlässliches, reproduzierbares Druckergebnis. Dank der Bemühungen der Mitarbeiter der Druckerei Schmerbeck konnte die Prüfung des ProzessStandard Offsetdrucks ebenfalls in der deutlich komplizierteren Rastertechnologie des fotorealistischen Offsetdrucks mit Agfa :SublimaTM240 abgelegt werden. Das Zertifikat ist gültig bis 2012. Darüber hinaus ist die Druckerei Schmerbeck derzeit der einzige PSO-zertifizierte Betrieb in Südbaden und in der Nordschweiz, der im Halbformat produziert.

„Wir messen, dokumentieren und beweisen Qualität!”